Bindung beginnt vor dem ersten Atemzug
10. August 2018

Wie wir uns in einer Beziehung binden und verhalten, hängt von unserer frühkindlichen Bindungserfahrung ab.

Die erste und wohl wichtigste Bindung entsteht schon im Mutterleib bzw. zur Mutter. Nach der Geburt treten im Laufe des Lebens immer mehr Menschen mit uns in Beziehung. Nicht nur aus systemischer Sicht ist einer der prägendsten Faktoren unsere Familie. Durch sie lernen wir als erstes Beziehung zu gestalten. Im Laufe der Jahre entsteht ein inneres Bild von uns. Wie nehmen wir uns selbst wahr? Welchen Stellenwert geben wir uns und Anderen? Wir lernen die Sicht der Welt durch „die Brille“ unserer Familie zu sehen. Jede hat Familie ihre ganz eigenen Werte, Regeln, Strukturen und Prägungen. So kann es vorkommen, dass wir durch fehlende oder dysfunktionale Vorbilder im späteren Leben unbewusst immer wieder in Beziehungsfallen tappen, die uns massiven Leidensdruck verschaffen.

Auf Partnerebene binden sich Menschen fortwährend an denselben Typ Partner oder lassen sich wieder und wieder auf ähnlich schädliche Beziehungsmuster ein. Es können Partnerschaften mit emotionaler oder körperlicher Gewalt sein. (Co-)Abhängigkeiten in (Sucht)Beziehungen werden unbewusst „gewählt“ oder es findet sich ausgeprägtes Dominanzverhalten innerhalb der Partnerschaft.

Auch können Bindungsängste entstehen. Diese Ängste nehmen Betroffene eher als ein diffuses Gefühl der Einengung wahr. Ihre Lösung: Vermeidung oder Flucht. Betroffene können sich nicht in (tiefere) Partnerschaften einlassen. Sobald die neue Beziehung sich entwickelt oder ein weiterer Schritt für das Fortbestehen der Partnerschaft ansteht, wird mit emotionalen Rückzug oder Trennung agiert. Das kann zu völlig banalen Auseinandersetzungen zwischen den Partnern führen. Dies alles geschieht natürlich nicht bewusst. Gedanken, wie: „ Ist sie oder er auch wirklich der/die Richtige“? Oder suche ich noch weiter bis ich den „perfekten“ Partner finde? Hinzukommt, dass die Optionen hinsichtlich der Lebensentwürfen in den letzten Jahrzehnten stark gewachsen sind. Mit den fast unerschöpflichen Möglichkeiten des Einzelnen steigt jedoch auch der Druck eine Entscheidung zu treffen und damit die Verantwortung zu übernehmen.

Der Ursprung aus dem die o.g. Schwierigkeiten oder hinderliche Mustern entstehen, ist aus systemischer Sicht doch immer der Gleiche: die Lösungen von damals sind die Probleme von heute. Es gilt die früheren Bewältigungsstrategien wertzuschätzen und anzuerkennen. Nämlich als Lösung! Im Laufe der Therapie/Beratung können darüber hinaus Beziehungsmuster erkannt werden. Alleine dieses Erkennen der familiären Muster oder Wiederholungen innerhalb des Familiensystems, ist entlastend und löst nicht selten einen „Aha-Moment“ aus.

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